Sonntag, 19. Juni 2016

Der von mir hoch verehrte britische Paläontologe Simon Conway Morris (der in seinem Buch von 2003 die These vertrat...

Der von mir hoch verehrte britische Paläontologe Simon Conway Morris (der in seinem Buch von 2003 die These vertrat "Unvermeidlich Menschen in einem einsamen Universum") hat 2013 einen neuen Gedanken veröffentlicht, nach dem der Mensch und andere Produkte der Evolution nicht nur unvermeidlich aus Evolution hervorgehen, wenn sie hier auf der Erde oder anderwärts einmal angefangen hat, sondern nach dem das Leben auch gar keine größere Komplexität erreichen kann, als es schon hier auf der Erde erreicht HAT. Dieser Gedanke, der wiederum nahtlos zur philosophischen Intuition von Mathilde Ludendorff über die Evolution passt ("Da stund stille das Werden der Arten"), wird im "Journal of Theoretical Biology" 2015 folgendermaßen zusammen gefasst:

"He argues that there are limits to the complexity of life and that these limits have already been touched. He asserts that the prevalence of convergent evolution indicates that there is a finite set of strategies that organisms can use. If the tape of life was played again, the same results would ensue, because self-organization and the conflicting constraints in development bind organisms to visit a limited area of the possibility space otherwise available. In his second argument, Morris wonders why some structures which clearly perform poorly have remained almost unchanged for millions of years. Why has not Rubisco become more efficient over the years, a process that would likely increase its complexity? In Morris׳s view, evolution is unable to take that step, because the system has arrived at its peak complexity. This daring suggestion has not yet been properly tackled."

Der Aufsatz von 2013, in dem Conway Morris diesen Gedanken das erste mal geäußert hat, ist auf Google Books frei zugänglich und ich muss ihn noch fleißig studieren:

( https://books.google.de/books?id=1ZIjJD1UfukC&pg=PT131&lpg=PT131&dq=conway+morris+Life+the+final+frontier+for+complexity?&source=bl&ots=PLmBKLc99f&sig=Q9r2j8X68TtFksNdbtOMW7Y_Xgs&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwjrruuhx7TNAhUsBcAKHcO9BywQ6AEIOTAD#v=onepage&q=conway%20morris%20Life%20the%20final%20frontier%20for%20complexity%3F&f=false )
https://books.google.de/books?id=1ZIjJD1UfukC&pg=PT131&lpg=PT131&dq=conway+morris+Life+the+final+frontier+for+complexity?&source=bl&ots=PLmBKLc99f&sig=Q9r2j8X68TtFksNdbtOMW7Y_Xgs&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwjrruuhx7TNAhUsBcAKHcO9BywQ6AEIOTAD#v=onepage&q=conway%20morris%20Life%20the%20final%20frontier%20for%20complexity%3F&f=false

Stadtleben lässt Vögel schneller altern!

Stadtleben lässt Vögel schneller altern!
- - - Uff!
http://www.sciencemag.org/news/2016/06/what-city-living-does-birds

Mindestens 33 mal innerhalb der Evolution versuchten Fischarten unabhängig voneinander an Land zu gehen und eine...

Mindestens 33 mal innerhalb der Evolution versuchten Fischarten unabhängig voneinander an Land zu gehen und eine Lebensweise als Amphibium aufzunehmen. Ein eindrucksvoller Hinweis darauf, dass der Übergang auf das Land so ungewöhnlich nicht war und weiterhin ein eindrucksvoller Hinweis erneut darauf, dass konvergente Evolution überall zu finden ist in der Evolution, sozusagen ihr "Hauptmodus" ist.
http://www.sciencemag.org/news/2016/06/fish-may-have-evolved-live-land-more-30-times

Samstag, 18. Juni 2016

Genetische Steuerungssequenzen für Schizophrenie sind deutlich unterschiedlich verteilt auf die drei Großrassen der...

Genetische Steuerungssequenzen für Schizophrenie sind deutlich unterschiedlich verteilt auf die drei Großrassen der Menschheit (Asien, Europa, Afrika). Das heißt, Schizophrenie beruht in der einen Rasse auf ganz anderen Genen als in einer anderen. Und es muss auch in den letzten Jahrtausenden die Selektion auf diese unterschiedliche Verteilung hingewirkt haben. Die Forschung scheint aber noch ganz im Dunkeln zu tappen, was diese Steuerungssequenzen eigentlich bewirken. Irgendetwas im Zusammenhang mit dem Wachstum des Gehirns wahrscheinlich.

http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/ajmg.b.32471/abstract
http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/ajmg.b.32471/abstract

Samstag, 4. Juni 2016

Die wertvolle Zeitschrift "Biologie in unserer Zeit" nimmt sich endlich einmal wieder einer der grundlegendsten...

Die wertvolle Zeitschrift "Biologie in unserer Zeit" nimmt sich endlich einmal wieder einer der grundlegendsten biophilosophischen Fragen an, die es überhaupt gibt: ist der Mensch ein Zufallsprodukt der Evolution oder ist er - sozusagen - wie vieles andere in der Evolution "vorgesehen". Simon Conway Morris gegen Stephen Jay Gould, so wird es auch hier beschrieben. Das Ergebnis, so die Autoren,

"bestimmt nicht nur unser generelles Bild der Evolution, sondern auch unser Selbstbild: War die Evolution des Menschen eine inhärente Notwendigkeit oder sind wir als Folge einer historischen Kontingenz entstanden und alles hätte auch völlig anders kommen können?"

Auch nach diesem neuen Aufsatz neigt sich alles in der Forschung der ersteren These zu. Jedes neue überraschende Beispiel konvergenter Evolution zeigt: Es liegt eine inhärente Notwendigkeit vor, früher nannte man das Zielgerichtetheit. Somit erhält die Biophilosophin Mathilde Ludendorff in einer der zentralsten Aussagen ihrer Evolutionären Philosophie Bestätigung, zumal in Zusammensicht mit dem Anthropischen Prinzip: Schon im Anfang der Weltallentstehung bestand ein Wille zur Bewusstheit.

Der Artikel ist deutschsprachig und frei zugänglich!

http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/biuz.201610585/full


http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/biuz.201610585/full

Was grundsätzlich schon vorher bekannt war, wird durch die Studie an einer neuen genetischen Steuerungssequenz...

Was grundsätzlich schon vorher bekannt war, wird durch die Studie an einer neuen genetischen Steuerungssequenz erneut bestätigt: angeborene sportliche Begabungen sind nicht nur auf Völker und Rassen unterschiedlich verteilt, sondern auch unterschiedlich genetisch verschaltet, ein Phänomen, das schon bei heller Hautfarbe festgestellt wurde oder bei Erwachsenen-Rohmilchverdauung. Das heißt, bezüglich solcher Eigenschaften liegt konvergente Evolution vor bei verschiedenen menschlichen Völkern und Rassen.

Nun findet sich also eine Steuerungssequenz verantwortlich für Muskelaufbau, die bei europäischen Lang- und Kurzstreckenläufern (Profis und Freizeitsportler) gehäuft vorliegt, nicht aber bei einer brasilianischen Vergleichsgruppe.

Dass die Brasilianer ja auch zu einem nicht geringen Anteil südeuropäischer Abstammung sind, wird offenbar gar nicht diskutiert in der Studie. Die untersuchten Europäer waren Polen, Russen und Italiener, also vorwiegend nordeuropäischer Abstammung. Da die Steuerungssequenz aber - für solche Studien typisch - nur zu wenigen Prozentanteilen den Phänotyp erklären kann (sich also für sich genommen kaum eignet zur Einschätzung sportlicher Begabung), könnten, wie mir scheint, die südeuropäischen Genanteile in beiden Gruppen nicht verantwortlich sein für den gemessenen Unterschied. Insofern wird es sich wohl um ein vornehmlich nordeuropäisches genetisches Merkmal handeln.

Es kommen einem da natürlich gleich berühmte Fußball-Länderspiele Deutschland - südamerikanische Fußball-Nation in den Sinn und der so ganz unterschiedliche Spieltypus: der ungeschlachte, gründliche Europäer gegen den wendigen, spielerischen, leichtfertigen Südamerikaner ...
http://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371%2Fjournal.pone.0156316#abstract

Freitag, 3. Juni 2016

Schwertwale, bzw.

Schwertwale, bzw. Orcas sind die größte Delphinart, unglaublich intelligente Tiere und weisen - deshalb - eine große kulturelle Vielfalt weltweit auf. Darin gleichen sie dem Menschen - und den Schimpansen - auf geradezu frappierende Weise. Der Wikipedia-Artikel zu ihnen liest sich unglaublich spannend. Was sich in diesem schon andeutet, ist jetzt durch eine neue Forschungsstudie nachgewiesen: Schwertwal-Kulturen evoluieren in Gen-Kultur-Koevolution ganz wie der Mensch und sogar wie er in gleichen Zeiträumen.

So wie der Mensch sind auch die Schwertwal-Untergruppen in den letzten 200.000 Jahren in Kulturgruppen, Gruppen gleicher erlernter Sprache (beim Menschen Völker) evoluiert. Deshalb sagen auch Lebensräume, ökologische Nischen bei Schwertwalen - wie bei Menschen - die genetische Populationsstruktur besser voraus als bloße geographische Distanz. (Was auch bei Menschen die Forscher aller Fächer Mühe haben zu verstehen, was ihnen aber die Forschungsergebnisse der letzten Jahre immer mehr als Erkenntnis geradezu aufzwingen, aufzwingen müssen, da es so konträr zu jeder Multikulti-Ideologie steht und deshalb eine Frau Merkel wieder einmal als "nicht hilfreich" charakterisieren könnte.)

Die Studie findet nun zahlreiche Steuerungssequenzen von kodierenden Genen, deren Häufigkeit auf die Schwertwal-Populationen, -Völker weltweit sehr unterschiedlich verteilt sind. Genauso wie beim Menschen! Und sogar oft ähnliche Gene, etwa solche, die Fettpolster ermöglichen (Adipositas) in kalten Gewässern und so weiter. Mit Recht stellen die Forscher selbst und andere die herausragende Bedeutung dieser Studie heraus.

Der Forschungsartikel ebenso wie ein New Scientist-Artikel über diesen sind frei zugänglich.

http://www.nature.com/ncomms/2016/160531/ncomms11693/full/ncomms11693.html

Genome-culture coevolution promotes rapid divergence of killer whale ecotypes. Andrew D. Foote et. al. In: Nature Communications 7, Article number: 11693 doi:10.1038/ncomms11693 Received 19 July 2015  18 April 2016  31 May 2016
https://www.newscientist.com/article/2091134-orcas-are-first-non-humans-whose-evolution-is-driven-by-culture/?cmpid=NLC%7CNSNS%7C2016-0206-newGLOBAL&utm_medium=NLC&utm_source=NSNS

Mittwoch, 1. Juni 2016

Moralische Naturgeister in einer schamanistischen Volksreligion am Altai-Gebirge

Moralische Naturgeister in einer schamanistischen Volksreligion am Altai-Gebirge

-> The Evolution of Gods’ Minds in the Tyva Republic (2016) von Benjamin Grant Purzycki

Das Verbreituungsgebiet der indogermanischen Völker reichte in der Bronzezeit von der Westgrenze Chinas bis nach Nordeuropa, bis Anatolien und darüber hinaus. Die Innere Mongolei und die Republik Tuwa am Großen und Kleinen Jennisei und am Altai-Gebirge beherbergen noch heute hunderte von großen, prächtig ausgestatteten Grabhügeln der Skythen aus dem sechsten und fünften Jahrhundert v. Ztr., eines Volkes, das sich damals von dort bis in die Ukraine ausbreitete und auch den Athenern nur zu gut bekannt wurde.

Alle diese indogermanischen Völker, die Skythen, die Sogder, die Tocharer - letztere die Gründer der Oasenstädte der Seidenstraße - und wie sie noch alle hießen, gingen mit der Einführung des Buddhismus und mit dem Sturm der Hunnen am Ende der Spätantike unter. An ihrer Stelle breiteten sich die Uiguren aus und nomadische Turkvölker wie die Tuwa.

Die Tuwa haben später den tibetischen Buddhismus angenommen, halten aber bis heute zäh an dem Schamanismus, der Volksreligion ihrer Vorväter, fest. Sie verehren die Geister, Naturkräfte in heiligen Quellen, Sträuchern und errichten ihnen entlang von Besitzgrenzen Steinhügel.

Kommt ein Tuwa an einem solchen heiligen Ort vorbei, opfert er hier in der Regel verschiedene Nahrungsmittel oder Geld, er hält inne, versucht sich auf das Gute in sich zu besinnen. Denn die Tuwa glauben, es habe schädliche Wirkung, wenn man sich den Naturgeistern mit unheiligen Gedanken und mangelnder Ehrfurcht nähert.

Dieser Volksreligion der Tuwa hat nun ein Anthropologe eine neue Untersuchung gewidmet. Er fragte die Tuwa, was es für sie bedeutet, ein guter Mensch zu sein, die Antworten:

"In order of descending salience, the eight most salient items in Tyvans’ models of what it means to be a good person consisted of being (1) hardworking, (2) helpful, (3) kind, (4) modest, (5) respectful, (6) honest, (7) intelligent, and (8) having love for or strong ties to family members (84 respondents; Nlisted = 499; Mlisted = 5.94; SDlisted = 2.43). In terms of what constitutes a “bad Tyvan person,” the most salient items listed were being (1) untrustworthy, (2) drunks or those who drink alcohol, (3) lazy, (4) envious, (5) greedy, (6) disrespectful, (7) cruel, and (8) ignorant."

Der Alkoholismus ist heute für die niedrige Lebenserwartung der Tuwa verantwortlich, die noch niedriger ist als die der Russen. Die Studie findet, daß sich die Naturgeister dieser Problematik annehmen und Trunksucht nach Meinung der Gläubigen nicht gut finden. Auch auf anderen Gebieten könnte der Glaube an sie den sozialen Zusammenhalt verbessern, ja, sogar das Umweltbewusstsein verbessern, wird in der Studie gemutmasst, die frei zugänglich ist.

-> The Evolution of Gods’ Minds in the Tyva Republic (2016) von Benjamin Grant Purzycki.




http://www.journals.uchicago.edu/doi/abs/10.1086/685729

Wie kamen viele Rothirsche etwa 3.100 v.

Wie kamen viele Rothirsche etwa 3.100 v. Ztr., also in der Hochzeit der Trichterbecherkultur, von Belgien auf die Orkney-Inseln - zusammen mit einer grossen Zahl belgischer Wühlmäuse? Eine neue Studie über Genreste in Rothirsch-Knochen aus jener Zeit schreibt hierüber:

"In Europe, short-distance maritime transport of deer (Megaloceros) has been identified from as early as approximately 24 000–20 500 yr BP in the Mediterranean [6]. Further north, it is thought that humans introduced red deer into Ireland during the Neolithic Bronze Age [8], and transported the Orkney vole from mainland Europe to Orkney (at least 5100 yr BP [4]). Interestingly, Martínková et al. [4] posit that the large number of voles that must have arrived on Orkney imply the transport of livestock from mainland Europe (Belgium) with the vole ‘stowaways’ in the grass, bedding or fodder. That study found high genetic diversity of voles, indicating that a relatively large number of individuals must have been moved. This study finds relatively high genetic diversity in Neolithic deer from Orkney and the Outer Hebrides, also suggesting that a large number of individuals may have been moved to establish those populations."

Das heißt, schon zur Zeit der Trichterbecherkultur mit ihren Rinderwagen-Prozessionen (siehe meinen Blog) hatte man hochseetüchtige Schiffe und transportierte auf ihnen gefangen gehaltenes Jagdwild, um auf entlegenen Inseln solches verfügbar zu haben, betrieb man also die Bewirtschaftung von Jagdwild, hatte man also womöglich auch schon Königs- oder Staatsforste.


http://rspb.royalsocietypublishing.org/content/283/1828/20160095?etoc
http://rspb.royalsocietypublishing.org/content/283/1828/20160095?etoc