Künstliche Genverdoppelung - Die Evolution läßt sich nicht so leicht in die Karten schauen
"Evolution by Gene Duplication" hieß das berühmte Buch von Susumo Ohno aus dem Jahr 1970, dessen damals revolutionäre Inhalte heute Standardwissen der Evolutionsforschung sind, sprich: Große evolutionäre Schritte wurden vorbereitet oder waren begleitet von vielfältigen Gen- und Genom-Verdoppelungen, die eine vielfältige genetische Spielwiese für das Leben schufen, um neue Lebensformen auszuprobieren (womöglich in Form des erst jüngst formulierten "plasticity first model of evolution").
Aber im Detail zu erforschen, was unmittelbar nach Gen-Verdoppelungen geschieht, indem man sie einfach im Labor künstlich herstellt, ist offenbar nicht so einfach wie gedacht. Die Evolution läßt sich offenbar nicht so einfach in die Karten schauen.
In einer neuen Studie (1) wurden vereinzelte Gene des Pilzes "Saccharomyces cerevisiae" (Backhefe) künstlich verdoppelt und man hoffte nun beobachten zu können, was direkt nach einer solchen Genverdoppelung geschieht im Bereich der neuen Genablesung. Tatsächlich ändert sich allerhand in der Genablesung nicht nur der verdoppelten Gene. Im allgemeinen wird mehr abgelesen als zuvor. Dasselbe geschieht aber auch, wenn sich nur Umweltbedingungen ändern. Und es muß nicht zwangsläufig zur Verbesserung der Fitneß beitragen. Die wesentlichste Beobachtung scheint vielmehr die zu sein, daß die verdoppelten Gene einfach wieder heraus selektiert wurden in den nachfolgenden Generationen:
"... deletion of four out of five non-tandem artificial duplicates within 500 generations, with the first loss detected after 25 generations ..."
Scheinbar ist es also doch nicht ganz so einfach, die Evolution unter Laborbedingungen einfach mal so zu beobachten.
Ehrlich gesagt, hätte mich das auch sehr gewundert. Ob nicht auch sehr stark die Hitzeschock-Proteine dabei eine Rolle spielen müssen, jedenfalls sehr, sehr viel Überlebensstreß, bevor sich ein Individuum mit künstlich verdoppeltem Genom dazu "entschließt", mit Hilfe dieser neuen Gene sich nun neue Lebensmöglichkeiten zu erschließen? - Schließlich würde man dann unmittelbar beobachten können, wie Artbildung stattfindet. Und es würde mich sehr wundern, wenn das so leicht ginge, selbst bei so einfachen Lebewesen wie Pilzen.
Mehr zum Thema allgemein findet man übrigens in dem spannenden Buch von Joachim Bauer "Das kooperative Gen - Abschied vom Darwinismus" (2008), dessen Inhalt es sicher wert wäre, mit den seither erschienenen Forschungsstudien insgesamt abgeglichen zu werden, bzw. mit ihnen auf den neuesten Stand gebracht zu werden.
1. Rapid functional and evolutionary changes follow gene duplication in yeast
Samina Naseeb, Ryan M. Ames, Daniela Delneri, Simon C. Lovell, Proc. Royal Soc. B, August 2017
http://rspb.royalsocietypublishing.org/content/284/1861/20171393?cpetoc
http://rspb.royalsocietypublishing.org/content/284/1861/20171393?cpetoc
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen