Mittwoch, 30. August 2017

Stammen unsere ältesten Märchen aus der Bronzezeit und von den Indogermanen?

Stammen unsere ältesten Märchen aus der Bronzezeit und von den Indogermanen?

Neue Impulse für die Märchenforschung

Eine Studie aus dem letzten Jahr (1-5) verfolgt die bestechende These, daß die Gemeinsamkeiten von Märcheninhalten von Völkern indogermanischer Sprache auf einen gemeinsamen Ursprung hinweisen könnte, der bis in die Bronzezeit und bis zum Urvolk der Indogermanen zurückreichen könnte. Damit würden sie bestätigen, was schon die Gebrüder Grimm über die Volksmärchen „Die Schöne und das Biest“ und „Rumpelstilzchen“ notiert hatten (2):

„Beide Märchen können mit Sicherheit zurückverfolgt werden bis zur Entstehung der wichtigsten Unterfamilien des westlichen Indogermanischen als klar von einander abgegrenzte Abstammungslinien – vor 2500 bis 6000 Jahren.“

Das würde einen natürlich einen tiefen Blick werfen lassen können in die Vorstellungswelten unserer Vorfahren, sogar abgestuft nach Zeitepochen, bzw. Kulturgruppe.

Aber sind die Märcheninhalte nicht gar zu allgemein klassifiziert im sogenannten "Aarne-Thompson-Index" (6), mit dem hier gearbeitet wird? Es wurde letztes Jahr sehr schön in der "Welt" erläutert (2):

"Rekordhalter ist das weniger bekannte Märchen „Der Schmied und der Teufel“, das in den Grimm’schen „Kinder- und Hausmärchen“ nur in der Erstauflage stand. Es wurde Jacob und Wilhelm 1812 von Marie Hassenpflug erzählt. Das wäre dann, laut Tehrani und da Silva, knapp 5800 Jahre nach seiner Entstehung gewesen. Sie datieren die Entstehung der Geschichte auf die Zeit vor 6000 Jahren.

Die Grundhandlung, die in der indoeuropäischen Welt von Indien bis Skandinavien auftaucht, schildere den Handel eines Schmieds mit einem bösartigen übernatürlichen Wesen (das kann der Teufel, ein Dschinn oder der Tod sein). Der Schmied verkauft seine Seele, um Zauberkräfte zu bekommen, die er dann wiederum nutzt, um den dämonischen Widersacher auszutricksen.

Die Datierung des Märchens stehe, so die Forscher, auch in Übereinstimmung mit der Kurgan- oder Steppenhypothese, wonach die Ursprünge der Indoeuropäer in der Gegend um Kurgan in der pontischen Steppe liegen."

Ziemlich irre, diese These. Warum aber kann man sich dann an so wenige Gemeinsamkeiten zwischen der deutschen Märchen- und Sagenwelt und der griechisch-antiken erinnern?

Allerdings haben die Autoren gerade schon wieder mit einer neuen Studie nachgelegt, in der die Märchen-Verwandtschaften noch weit über den indogermanischen Sprachraum hinaus statistisch untersucht werden (7).

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1. Comparative phylogenetic analyses uncover the ancient roots of Indo-European folktales. Sara Graça da Silva, Jamshid J. Tehrani, 2016, http://rsos.royalsocietypublishing.org/content/3/1/150645
2. Heine, Matthias: Warum die Brüder Grimm doch recht hatten. In: Die Welt, 23.01.2016, https://www.welt.de/kultur/article151369664/Warum-die-Brueder-Grimm-doch-recht-hatten.html
4. https://www.heise.de/tp/features/Maerchen-sollen-bis-in-die-Bronzezeit-zurueckreichen-3377969.html
4. http://sciencev2.orf.at/stories/1766437/index.html
5. http://rsos.royalsocietypublishing.org/content/royopensci/3/1/150645/F4.large.jpg
6. https://de.wikipedia.org/wiki/Aarne-Thompson-Index
7. Inferring patterns of folktale diffusion using genomic data Eugenio Bortolinia,b,c,1,2, Luca Paganid,e,1, Enrico R. Cremaf, Stefania Sarnoc, Chiara Barbierig, Alessio Boattinic, Marco Sazzinic, Sara Graça da Silvah, Gessica Martinii, Mait Metspalud, Davide Pettenerc, Donata Luisellic, and Jamshid J. Tehrani, http://www.pnas.org/content/114/34/9140.abstract.html?etoc

http://rsos.royalsocietypublishing.org/content/3/1/150645

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