Warum bevorzugten die Frauen Austronesiens nach 2000 v. Ztr. Papua-Männer? Oder wurden sie dazu gezwungen? - Neue Ancient-DNA-Ergebnisse
Die Volksstämme des Inselstaates Vanuatu ("Neue Hebriden") im melanesischen Teil des Südpazifik sprechen sogenannte "austronesische Sprachen", die sich ursprünglich mit den ersten Besiedlern dieser Inseln um 2.000 v. Ztr. hierher mit Hilfe ihrer Ausleger-Boote ausgebreitet haben - und zwar von Taiwan aus.
Aber die Frauen dieser austronesischen Stämme scheinen sich in den Jahrhunderten nach der Erstbesiedelung - nach DNA und neuesten ancientDNA-Untersuchungen (1-3) - geradezu regelmäßig mit Männern von Papuavölkern aus Neuguinea vermischt zu haben. Noch nicht geklärt scheint zu sein, ob diese Männer als Krieger, Händler oder Sklaven in die Inselwelt Vanuatu's gelangten. Jedenfalls hat sich im Laufe der Jahrhunderte bis heute auf diesen Inseln in einem allmählichen Vorgang zwar die austronesische Sprache erhalten, aber die Gene der Menschen stammen heute fast vollständig von Menschen aus Papua Guinea ab - und nicht mehr von Menschen aus Taiwan.
In einer Grafik ist der allmähliche Rückgang des austronesischen genetischen Anteils im Laufe der Jahrhunderte gut zu sehen (2). Das heißt, im Laufe der Jahrhunderte müssen Menschen mit vorwiegend Papua-Abstammung regelmäßig mehr Nachkommen gehabt haben in dieser Inselwelt als Menschen vorwiegend genetischer Abstammung von den ersten Besiedlern dieser Inseln. Sehr erstaunlich. - In einer gestrigen Pressemitteilung des MPI für Menschheitsgeschichte in Jena heißt es darüber:
"Die Untersuchung zeigt, dass der genetische Wandel"
gemeint: von austronesischer Abstammung hin zu Papua-Abstammung
"nicht die Folge einer einzigen großen Einwanderungswelle war. Stattdessen müssen die Menschen in den nordwestlichen und den südöstlichen Gebieten Melanesiens über einen langen Zeitraum hinweg kontinuierlich in Kontakt gestanden haben. Dieser Austausch begann nach den neuen Erkenntnissen viel früher als bisher vermutet. So konnten die Forscher Papua-Gene bei einem Individuum nachweisen, das vor 2500 Jahren auf Vanuatu lebte. Die ersten Migranten"
also Menschen mit genetischem Papua-Hintergrund
"von den Inseln des Bismarck-Archipels erreichten Vanuatu also bereits kurz nach den Menschen ostasiatischer" sprich austronesischer - "Abstammung. Die Ergebnisse der genetischen Studie unterstützen auch ein Modell aus der historischen Linguistik. Danach überdauerte die ursprüngliche, wahrscheinlich wenig differenzierte austronesische Sprache den genetischen Wandel, weil sie den Papua-Migrantengruppen, die nach und nach Vanuatu erreichten, als Verkehrssprache diente."
Sehr lose könnte man das vergleichen mit dem Vorgang, daß sich die romanischen, vom Latein abgeleiteten Sprachen in vielen Teilen Europas hielten, obwohl oftmals die ursprünglichen Römer, die diese Sprachen vor Ort gesprochen haben, daselbst ausgestorben sein können.
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1. Language continuity despite population replacement in Remote Oceania. Cosimo Posth, Kathrin Nägele, […]Adam Powell. In: Nature Ecology & Evolution (2018) doi:10.1038/s41559-018-0498-2, Published online: 27 February, 2018, https://www.nature.com/articles/s41559-018-0498-2, https://www.researchgate.net/publication/323427085_Language_continuity_despite_population_replacement_in_Remote_Oceania
2. Grafik: Allmählicher Rückgang des austronesischen genetischen Anteils im Laufe der Jahrhunderte: https://media.springernature.com/lw582/springer-static/image/art%3A10.1038%2Fs41559-018-0498-2/MediaObjects/41559_2018_498_Fig2_HTML.jpg
3. Sprachliche Kontinuität trotz genetischer Umwälzung - Untersuchung alter und heutiger DNA belegt langfristigen Austausch im Südpazifik. 27. 2. 2018, https://www.mpg.de/11961352/vanuatu-besiedelung-sprachen-genom, http://www.shh.mpg.de/851473/genetic-replacement-despite-language-continuity-in-the-South-Pacific, https://www.mpg.de/11961600/original-1519808551.jpg?t=eyJ3aWR0aCI6ODAwLCJoZWlnaHQiOjYwMCwib2JqX2lkIjoxMTk2MTYwMH0=--3c65acf262fbdbfbe1a14e6840ea300cf73b50e0
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